Seit nunmehr vier Jahren nehme ich mir vor, dieses Buch zu schreiben. Vermutlich werden bis zur Fertigstellung noch viele weitere vergehen, aber es schadet nichts, den Beginn des eigentlichen Schreibprozesses an dieser Stelle festzuhalten. Obwohl, der “eigentliche Schreibprozess” ist an und für sich ein irreführender Begriff. Das eigentliche Schreiben meint vermutlich die Aneinanderreihung von Buchstaben, Worten, Sätzen, um aus all dem, was an Vorarbeit geleistet wurde, einen sinnvollen Text zu generieren. Das eigentliche Schreiben meint das, was ChatBots machen. Aber eigentlich ist Schreiben alles, auch die Vorleistung. Warum sonst, sobald ich mich zwinge, purzeln die Worte nur so aufs Papier? Weil ich innerlich längst geschrieben habe, schreibe, immerzu schreibe. Mein literarisches Mühlrad dreht sich unentwegt, und jede Recherche, jede Begegnung, jede Sekunde meines mehr oder minder lebenswerten Lebens beeinflusst diesen Schreibprozess, ändert ihn, und wandelt, was immer mir widerfährt in Worte. Habe ich eine Schreibblockade, existiert diese nicht aufgrund eines Mangels an Ideen. “Dass Ihnen die Ideen ausgehen, dass kann ich mir nicht vorstellen.” sagte mir eine VHS-Schreibkursleiterin einst. Ich paraphrasiere. Nein, habe ich eine Schreibblockade, dann bedeutet das schlichtweg: warte noch. Die Worte sind noch nicht reif. Hab Geduld. Geduld ist eine Tugend über die ich nicht verfüge. Wie oft habe ich dieses Dokument schon aufgerufen, um es kurz darauf seufzend und unverrichteter Dinge wieder zu schließen? Frustrierend, wahrlich frustrierend. Bis es eines Tages dann doch geht. Ganz easy. So easy, dass ich aufpassen muss, dass ich keine unverständlichen Wortschwälle herauskotze, weil sich in mir bereits alles überschlägt. “Wortakrobatik” sagte mal jemand über einen meiner Texte. Wenn die wüssten, wie unkoordiniert die Proben sind! Eigentlich wollte ich auch mit dieser Einleitung ganz woanders hin. Eigentlich. Da ist es wieder, dieses Wort. Das eigentliche Schreiben ist vor allem eins: eigen. Eigenwillig. Eigenständig. Eigens dafür gemacht, mich zu ärgern, davon bin ich überzeugt. Aber eigentlich genau richtig, um das Chaos da oben in eine zirkusreife Performance zu verwandeln. Und erst dann die Manege frei zu machen. In diesem Sinne: Vorhang auf!